Ralph Gadow

Diplom-Biologe · Immunbiologe
Heilpraktiker · Diplom-Akupunkteur

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Mikrobiologie · Genetik
Biochemie · Neurobiologie

IgG Nahrungsmittelunverträglichkeit - Hintergründe und Wissensstand

Feb 17, 2020

Unverträglichkeiten gegenüber Nahrungsmitteln können viele Ursachen haben. Neben klassischen Nahrungsmittelallergien, ausgelöst durch IgE-Antikörper, können Sie z.B. auch auf Pseudoallergien (Histaminosen) oder Kohlenhydratunverträglichkeiten (Laktoserintoleranz, Furchtzuckermalabsorption) beruhen.


Hohe IgE-Antikörper-Konzentrationen gegenüber Nahrungsmitteln gehen oft mit typischen allergischen Symptomen einher, die sich in Schwellungen und Juckreiz von Mund- und Rachenschleimhaut, in allergischen Ekzemen oder Nesselsucht, in Bauchkrämpfen, Durchfällen oder allergischen Atemwegsbeschwerden (Asthma, Schnupfen) manifestieren können.


Es ist sinnvoll ergänzend zum Nachweis von IgE-Antkörpern auch nach IgG4-Antikörpern zu suchen, da diese IgE-Antikörper in ihrer Wirkung auf Mastzellen oder basophile Granulozyten blockieren können (Nakagawa 1986; 1988, Noh et al. 2007). Sind neben IgE- auch IgG4-Antikörper in hoher Zahl gegen Nahrungsmittel vorhanden, zeigen Patienten oft keine klinischen Symptome. In diesen Fällen kann auch ein Hauttest negativ sein (De Weck 1981).


Wie schon früher vermutet (Van der Zee et al. 1987), bestätigen aktuelle Studien, dass auch IgG4-Antikörper selbst, über eine Degranulation von histaminhaltigen Zellen, zu allergieähnlichen Symptomen führen und über eine Stimmulation von neutrophilen Granulozyten entzündliche Immunreaktionen auslösen können (Hussain et al. 2009).


Hohe IgG4-Antikörperspiegel gegenüber Nahrungsmitteln werden bei Patienten mit Ekzemen, Neurodermitis und nahrungsmittelinduziertem Asthma gefunden (Brostroff et al. 1977; Cunningham-Rundles et al. 1978; Haddad et al. 1983; Merrett et al. 1984; Shakib et al. 1986; Halpern et al. 1987; Novembre et al. 1988; Awazuhara et al. 1997; Codina et al. 1997).


Als Erste konnten Jones et al. 1982 zeigen, dass Patienten mit unklaren Magen-Darm-Beschwerden (in Form von Blähungen, immer wiederkehrenden unklaren Durchfällen oder Bauchkrämpfen) erhöhte IgG4-Antikörperspiegel gegenüber Nahrungsmitteln aufwiesen und auf eine vorübergehenden Elimination der Nahrungsmittel mit einem deutlichen Beschwerderückgang reagierten.


In Folge konnte diese Beobachtung durch zahlreiche andere Studien belegt werden (Bentley et al. 1983; Farah et al. 1985; McKee et al. 1985; Nanda et al. 1989). Gerade in den letzten Jahren wird die Untersuchung von IgG- oder IgG4-Antikörpern zum Nachweis von Nahrungsmittelunverträglichkeiten kontrovers diskutiert.


Fundierte und z.T. sehr groß angelegte Studien mit bis zu 6880 Patienten kommen jedoch zu dem Schluss, dass es sich um einen sehr hilfreichen und wertvollen Indikator zum Nachweis von Lebensmittelunverträglichkeiten handelt (Atkinson et al. 2004; Zar et al. 2005; Bernardi et al. 2008; Volpi und Maccari 2009). Die Arbeitsgruppen um Zar (2005/a) und Bernardi (2008) zeigten nach Elimination stark reagierender Nahrungsmittel, je nach zugrunde liegender Erkrankung, einen Rückgang von Beschwerden in 60-80% der Fälle.


Hohe IgG4-Antikörperkonzentrationen beruhen vermutlich auf einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmschleimhaut (Permeabilität) (Bernardi et al. 2008, Zar et al. 2005), wodurch Allergene in größeren Mengen in Kontakt mit der systemischen Immunabwehr kommen. Es entstehen gegen Nahrungsmittel gerichtete Antikörper (Sensibilisierung).


Als Ursachen der erhöhten Schleimhautpermeabilität kommen eine wiederholte Gabe von Antibiotika und damit verbundenen Schädigungen der Darmflora, Magen-Darm-Infekte, entzündlichen Darmerkrankungen, Umweltbelastungen oder Stress in Betracht (Muss et al. 2004, Zar et al. 2005, Bentz et. al. 2007).


Da nicht jeder Patient mit einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmschleimhaut Beschwerden aufweist, werden immer wieder auch scheinbar „Gesunde“ mit hohen Antikörperspiegeln gefunden. Ob es sich dabei aber wirklich um Gesunde handelt, muss infrage gestellt werden. Gehen hohe IgG4-Antikörper-Spiegel mit Beschwerden einher, dann sollten die reagierenden Nahrungsmittel vorübergehend weggelassen werden.


Genauso wichtig oder vielleicht noch wichtiger ist eine Stabilisierung der Darmschleimhaut, um die Durchlässigkeit für Nahrungsmittelallergene zu verringern und damit einer ständigen Neubildung von Antikörpern entgegenzuwirken. Da es sich bei Unverträglichkeitsreaktionen durch IgG- oder IgG4-Antikörper nicht um echte Nahrungsmittelallergien handelt, werden positiv getestete Nahrungsmittel nur vorübergehend (für einige Monate) eliminiert.


Auch bei ausgeprägten Reaktionen sollte immer auf eine ausreichende und ausgewogene Ernährung geachtet werden. Bei Nahrungsmitteln mit niedrigen Antikörperkonzentrationen ist eine Elimination nicht erforderlich. Hier genügt eine Rotation, eine Ernährungsform, bei der die entsprechenden Nahrungsmittel nur alle 3 oder 4 Tage gegessen werden. Mit Hilfe der Rotation wird einem weiteren Ansteigen der Antikörper-Konzentrationen entgegengewirkt und verhindert, dass aus einer bereits vorhandenen Sensibilisierung eine klinisch manifeste Unverträglichkeit wird.


Bei der Untersuchung von Nahrungsmittelallergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten sowie deren Behandlung, werden die zuvor aufgeführten Erkenntnisse aus der Perspektive des Heilpraktikers und Immunologen in unserer Praxis in Hamburg selbstverständlich berücksichtigt.